Tod eines Elternteils im Erwachsenenalter | Wenn Eltern für immer gehen
"Es sind die Lebenden, die den Toten die Augen schließen.
Es sind die Toten, die den Lebenden die Augen öffnen."
(Slawisches Sprichwort)
Mit dem Tod der Eltern rückt die Endlichkeit ins Blickfeld. Das Ende menschlichen Beziehungen, aber auch die eigene Endlichkeit. Das Erleben von begrenzter Lebenszeit kann Angst machen, aber auch dazu anregen über die Lebensgestaltung nachzudenken.
Ob man bereit ist, sich darauf einzulassen oder nicht – einen Wendepunkt bringt der Tod der eigenen Eltern in jedem Fall mit sich.
Wie sich nach dem Tod der Eltern das Familiensystem ändert
Eltern bilden zu Lebzeiten den Mittelpunkt einer Familie. Sie sind die Schnittstelle zur weiteren Verwandtschaft, zu den Vorfahren, aber auch zu den Geschwistern. Sie prägen den Familienalltag und geben vor, wie intensiv sich der familiäre Zusammenhalt gestaltet.
Mit ihrem Tod fällt das „Zentrum der Familie“ weg und das familiäre System muss sich neu finden und ordnen. Manchmal gibt es jemand, der den Platz einnimmt und ins Zentrum nachrückt. Es kann aber auch sein, dass dieser Platz leer bleibt und das ursprüngliche familiäre Gefüge zerfällt. Abhängig sind diese Entwicklungen nach dem Tod meist davon, ob es noch einen überlebenden Elternteil gibt, wie viele Kinder die Familie hat und in welcher Beziehung diese zueinanderstehen.
In jedem Fall kann der Tod der Eltern zu emotionalen und praktischen Herausforderungen führen.
Der elterliche Tod zwingt uns zu Veränderung
Wie auch immer sich das Familiensystem nach einem Todesfall verändert: Jeder, der einen Elternteil verliert, ist dazu gezwungen, seinen bisher angestammten Platz zu verlassen. Man orientiert sich zwar nach wie vor an Mutter oder Vater, muss sich aber mit den verändernden Beziehungen auseinandersetzen. Ältere Geschwister oder andere Verwandte spielen möglicherweise eine größere Rolle bei finanziellen Entscheidungen und der Pflege von Familientraditionen als bisher.
Situationen entstehen, die zwar auf den ersten Blick harmlos aussehen, bei denen es aber um die Rangfolge und das Bestimmen unter den Geschwistern oder Verwandten geht. Unterschiedliche Geschwindigkeiten in der Trauerverarbeitung können zu Konflikten führen und es kann einige Zeit dauern, bis sich Familienmitglieder an ihre neuen Rollen und Beziehungen gewöhnt haben.
Der Verlust der Eltern stellt die Weichen neu
Es bleibt also an jedem einzelnen selbst hängen, ob die Verbindung zur Herkunftsfamilie eng bleibt, locker wird oder sogar im Sand verläuft. Ob der Familienverband in schwierigen Zeiten zusammenhält und Unterstützung bietet, um den Verlust zu überwinden und eine neue Stabilität zu finden oder in viele neue Einheiten zerfällt.
Dafür zu kämpfen lohnt sich allemal, denn:
"Familie ist wie ein Baum.
Die Zweige wachsen in alle Richtungen, doch die Wurzeln halten alles zusammen."
Weiterführend dazu:
Terhorst, Eva: Trauern, wenn Mutter oder Vater stirbt: Ich bewahre alles in meinem Herzen, Verlag Herder, 2. Auflage, 2020
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